Der BRF würdigt mich auf seiner Webseite als Pionier einer Sendung, die es heute noch gibt. (Foto: BRF)
Knut Kuckel (Foto: BRF)

Radiojahre in Belgien – „das war eine gute Zeit…“

Da musste ich nun wirklich erst einmal ernsthaft nachdenken. Wann bin ich beim BRF ausgeschieden? Lang ists her. Freunde von damals rufen immer mal an oder kommen vorbei. Manchmal fragen sie mich: „Welche Erinnerungen hast Du noch an Belgien?“

Meine Antwort: „Gute Jahre waren das. Ich war immer gerne bei euch.“

Es wird nicht mehr so sehr viele Kolleginnen und Kollegen geben, mit denen ich noch gemeinsam aktiv beim BRF  war. Renate Ducomble gehört dazu. Ich freue mich, von ihr gelegentlich etwas zu hören. Renate hält Kontakt und da habe ich irgendwie das Gefühl, noch mit sehr zarten Banden zum BRF zu gehören.

Ich habe fast nur gute Erinnerungen an meine acht aktiven Jahre beim BRF. Und wenn es einmal weniger gut war, hatte ich mir das selbst zuzuschreiben.

Im September 1979 lud mich der damalige Chefredakteur Peter Thomas zu ein paar Probesendungen im Eupener Studio ein. Zehn Jahre später folgte ich einem Ruf als Redakteur zum Hessischen Rundfunk.

Eigentlich bin ich indirekt über die damalige Aachener Zeitung zum BRF gekommen. Ich werde nie vergessen, wie kalt es im Winter in der Eupener Redaktion sein konnte. Die wurde nur von einem kleinen Ölofen mehr schlecht als recht beheizt. Gottseidank trug Kollege Delhey immer drei bis vier Pullover übereinander. Dank seiner „Zwiebeltechnik“ fiel da schon einmal einer für mich ab.

In einem meiner ersten Artikel zur „Euregio“ ging es um „Schule und Bildung“. Konkreter, um sich ergänzende Lehrpläne und die damit verbundene Chance zur gegenseitigen Geschichtsaufarbeitung. Mir ist eine Aussage in diesem Zusammenhang in Erinnerung geblieben. Die „Euregio“ sei beileibe kein „Euphorio“.

Wenig später begleitete ich ein  BRF-Team zur „Comisa“ nach St. Vith. Die Technik-Kollegen Jaques Molitor und Jacques Sougné zeigten schon damals, wie man Radio über eine kabellose Funkstrecke macht. Das Hohe Venn störte etwas, aber das bekamen die beiden auch in den Griff. Producer war an diesem denkwürdigen Tag Walter Eicher. Mit dabei die Journalisten Paul Maraite und Guido Arimont. Drei Stunden sendeten wir sehr hemdsärmelig Informatives und Unterhaltsames vom berühmten Marktflecken in der belgischen Eifel. Ich war damals als Jüngster noch völlig unerfahren und mächtig stolz auf meine BRF-Kollegen, die eine Live-Sendung mit allen Tricks hinbekamen.

Jacques Sougnè fuhr eine alten Citroën. Wie er, eine Leihgabe der RTBF aus Lüttich. Niemand wusste weshalb, aber mit diesem wunderschönen Oldtimer landete er auf dem Heimweg nach Eupen im Graben. Das waren regelrechte Pionierzeiten. Ich durfte dabei sein. Das habe ich immer als großes Glück empfunden.

Peter Thomas, BRF-Chefredakteur, 11.06.1981 (Foto: AVZ)
Peter Thomas, BRF-Chefredakteur, 11.06.1981 (Foto: AVZ)

Gemeinsam mit dem heutige Programmdirektor Toni Wimmer durfte ich später für die AVZ Peter Thomas interviewen. Er gehörte zur Delegation des Belgischen Königs Baudouin und Königin Fabiola. Peter war einer von 25 auserwählten belgischen Journalisten, die das Königspaar auf dieser Reise in die Volksrepublik China begleiten durften. Die Parteimächtigen um Deng Xiaoping öffneten sich den westlichen Ländern Europas. Aus wirtschaftlichen Gründen. Was sonst? Peter Thomas fragte sich damals „Was geschieht, wenn die Tür zum Westen einfach wieder zugeschlagen wird?“ Die Älteren werden sich noch erinnern. Charles Ferdinand Nothomb war damals als Außenminister auf der Reise dabei. Dies sei zwar nicht auszuschließen, antwortete er, aber für ein kleines Land wie Belgien gäbe es immer noch Möglichkeiten der Kooperation. Was damals als aufregend empfunden wurde, ist heute schon fast Normalität (Quelle: AVZ, 11.06.1981, Die Volksrepublik China kennt keine Arbeitslosigkeit, Knut Kuckel/Toni Wimmer).

Wie so manches, was ich Ende der 1970er / Anfang der 1980er Jahre erleben durfte. Der Tourismus der Ostkantone feierte erste wirtschaftliche Erfolge. Ostbelgien hatte viele Gründe stolz zu sein. Allein dem wohlhabenden Nachbarn fehlte so oft der Durchblick. Der WDR titelte damals eine Fernsehsendung in seinem 3. Programm spöttisch „Hat Belgien Lust am eigenen Untergang?“ Die polarisierenden Journalisten Luc Leysen und Wolfgang Klein waren sich mit ihrem Resümee einig. „Wenigstens einmal im Jahr, nämlich zur Tour de France, ist Belgien geeint!“ – Wenn ich heute Nachrichten aus Belgien mitverfolge, denke ich so oft, sehr viel hat sich im politischen Belgien bis heute nicht geändert. Mit Wolfang Klein hatte ich Jahre später, in Baden-Baden, Gelegenheit, über diese Geschichte zu sprechen.

„100 Tage ohne Regierung“, das macht im Belgien der drei Kulturgemeinschaften niemanden ernsthaft nervös.

Heute lebe ich wechselweise in München oder im schönen Tirol. In Tirol kann der politisch Interessierte mit den „belgischen Verhältnissen“ nicht sehr viel anfangen. Wenngleich die Belgier bei den sympathischen Alpenländlern einen hohen Stellenwert haben. Man mag ihre Art zu leben. Und das nicht nur in kulinarischer Hinsicht. Ich bin nicht selten stolz, wenn „mein Belgien“ gelobt wird. Nicht nur, weil dort wieder ein wundervoller Fußball gespielt wird. In der guten Nachbarschaft des Freistaates Bayern, weiß im österreichischen Tirol so ziemlich jeder, wer Daniel van Buyten ist, Marc Wilmots oder Jan Ceulemans.

Die „roten Teufel“ von heute sind wieder wer im internationalen Fußball. Und dann fällt mir ein, dass wir damals in Eupen die Länderspiele der „roten Teufel“ im Fernsehen anschauten und dazu den Ton aus dem BRF-Radio hörten.

Als der amtierende hr-Intendant Helmut Reitze hörte, dass ich mal beim BRF gearbeitet habe, erzählte er mir, dass er sehr stolz darauf sei, einen der „Besten“ aus Belgien zum ZDF geholt zu haben. Luc Walpot hat inzwischen als Auslandskorrespondent einen mehr als guten Namen. Seine Berichte sind immer glaubhaft und haben Gewicht. Wenn ich ihn heute im Fernsehen sehe und höre, denke ich oft an sehr gute, gemeinsame Jahre in Belgien.

Ich erinnere mich gerne auch an Walter Eicher, Sigrid Dollendorf, Rudi Klinkenberg, Freddy Derwahl, Hubert Jenniges, Hans Engels, Peter Thomas, Hans Reul und die vielen anderen. Und wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich in meiner Belgien-Zeit zu ihnen aufgeschaut. Sie haben mir sehr viel Handwerkliches für meinen eingeschlagenen Weg des späteren Rundfunkjournalisten mit auf den Weg gegeben. Davon konnte ich beim damaligen Südwestfunk (heute Südwestrundfunk) oder meinem letzten langjährigen Arbeitgeber, dem Hessischen Rundfunk, immer etwas profitieren.

Heute – angekommen im Ruhestand – publiziere ich, wenn mir danach ist, politkjournalistisches oder medienkritisches in einem meiner persönlichen Blogs. Wer weiß, vielleicht auch bald etwas selbstreferentiell diesen kleinen Rückblick auf meine Zeit in Belgien? Wenn es denn der BRF gestattet.

Weblink: BRF

Radiojahre in Belgien (Fotos: BRF)

Ich engagiere mich für Medienvielfalt und Qualität im Journalismus. Als Radiojournalist und Grenzgänger bin ich immer auch gerne Europäer. Mehr unter → Persönliches