(Foto: Knut Kuckel)
(Foto: Knut Kuckel)

Das Murnauer Moos – „Ein Stück übriggebliebene Natur“

Das Murnauer Moos ist ein einzigartiges, weitläufiges Moorgebiet im bayerischen Alpenvorland, das als eines der bedeutendsten Moorgebiete Deutschlands gilt.

Mit 4.200 Hektar ist das Murnauer Moos eines der größten zusammenhängenden Moorgebiete Mitteleuropas. 

Das Murnauer Moos zeichnet sich durch seine vielfältigen Lebensräume aus, darunter Streuwiesen, Niedermoore, Übergangsmoore, Hochmoore und Kalksümpfe. Es gibt auch Quelltöpfe und Grundwasseraufstöße, die auch als „Moosaugen“ oder „Moosbrillen“ bekannt sind. 

Für die Bauern bedeutete das Moor seit jeher viel Arbeit, wenig Ertrag. Sie beschränken sich darauf, die weniger nassen Flächen einmal jährlich zu mähen und das magere Heu als Einstreu zu nutzen. Im Lauf der Jahrhunderte entstanden dadurch artenreiche Feuchtwiesen, die das ökologische Portfolio der Gegend eher bereicherten.

In der jahrhundertelang geführten Auseinandersetzung des Menschen mit dem Moor, setzte sich schließlich Sachverstand und Naturliebe durch.

Zu den Sachverständigen gehört Landespfleger Peter Strohwasser, der mit seinem Buch „Das Murnauer Moos“ über „2000 Jahre Nutzungsgeschichte und 100 Jahre Naturschutz im größten lebenden Moor des Alpenraumes“ das umfangreichste Nachschlagewerk vorlegt, dass es zurzeit gibt.

Neben seiner Naturschutztätigkeit betreibt Peter Strohwasser eine kleine Landwirtschaft und engagiert sich seit über 20 Jahren in einer Weidegemeinschaft für Ziegen und Schafe.

Strohwasser schreibt in seinem Vorwort: „Ein ganzes Buch nur über ein Moorgebiet? Irgendwie hat jeder Ort seine Vergangenheit, aber was bitte soll an diesem nassen, unwirtlichen und menschenleeren Gebiet so interessant sein, dass man ein ganzes Buch mit lesenswerten Geschichten füllen könnte?“

Peter Strohwasser, Das Murnauer Moos – 2000 Jahre Nutzungsgeschichte und 100 Jahre Naturschutz im größten lebenden Moor des Alpenraumes, 2018, Allitera Verlag, München, (Foto: Knut Kuckel)

Peter Strohwasser hat in seinem Buch lesenswerte Geschichten untergebracht hat, die selbst Einheimischen manch Neues erzählen. Man lernt sehr viel über seine unmittelbare Heimat. Es eröffnen sich nicht zuletzt neue und aufschlussreiche Sichtweisen. Von der Entstehung in prähistorischen Zeiten, über erste Nutzungen im Mittelalter, bis hin ins 19. Jahrhundert.

Für viele – so Peter Strohwasser – die vom Murnauer Höhenrücken hinunterblickten, sei „das Murnauer Moos ein Stück übriggebliebene Natur“. Die „einfach so da liegt“. 

Aus heutiger Sicht spannend ist das im Buch so ausführlich beschriebene Murnauer Moos „Auf dem Weg zum Naturschutzgebiet“ in den frühen 1930er Jahren, bis zur ,,Zeitenwende in den 1970er Jahren“.

  • Welchen Einfluss hatten die Bauern auf die Entwicklung zum Naturschutzgebiet heutiger Prägung?
  • Wie bewältigte man die „Modernen Zeiten im Moos: Müllberge, Autobahn, Flugplatz und weitere Eingriffe?“

Das Murnauer Moos repräsentiert fast das gesamte Spektrum an naturraumtypischen Moorbiotopen und mit 1000 Arten an Blütenpflanzen, Farnen und Moosen kommt etwa ein Drittel der in Bayern heimischen Flora vor. Die Zahl an Tierarten wird auf über 4000 geschätzt. Viele der Arten sind bundesweit vom Aussterben bedroht.

Drei Tage durchstreifen wir die in Mitteleuropa wohl einmalige Moorlandschaft. Wollen dabei auch herausfinden, was es mit dem „Mythos Murnauer Moos“ auf sich hat. Vorbei an Seen, Bächen, Auen, Moränenhügeln und Felsenbergen.

Eingerahmt durch das Heimgartengebiet und Estergebirge im Osten, das Wetterstein-Gebirge im Süden und die Ammergauer Berge im Westen, breitet sich hier das größte zusammenhängende Alpenrandmoor Mitteleuropas vor uns aus.

Mit Blick auf diese Gebirgslandschaften rund um das Murnauer Moos, erzählt unser Tourbegleiter, es sei der starke Landschaftseindruck, der ihn so anziehe. Zitat: ,,Das weite offene Land, umgeben von Bergen. Die Wälder und Seen – eben das Gegensätzliche beeindruckt mich schon, solange ich denken kann.“

Die Wanderung über den Moosrundweg geht auf gut zwölf Kilometern durch das Murnauer Moos und eignet sich zu jeder Jahreszeit. Der Rundweg führt vom Hochmoor „langer Filz“ über artenreiche Streuwiesen zum ehrwürdigen Ramsachkircherl, dem „Ähndl“ (St. Georgs-Kirche).

Die mehr als dreistündige Rundtour führt meist über breite, befestigte Wege. Durch die Lange Filze leitet der sogenannte Bohlenweg. Die Holzbohlen können bei Nässe rutschig sein. Die Rundtour ist auch während der Wintermonate empfehlenswert. Steinbrüche, Entwässerungsgräben und Torfabbau setzten dem Murnauer Moos in der Vergangenheit schwer zu. Inzwischen ist es größtenteils ein Naturschutzgebiet. So kann es weiterhin einer Vielzahl gefährdeter Tiere und Pflanzen Zuflucht bieten.

Rückblick:

Das Hartsteinwerk Werdenfels war ein Steinbruch am Langen Köchel im Murnauer Moos, bei Eschenlohe, nördlich des Werdenfelser Lands. Das 1930 gegründete Unternehmen war zeitweise der wichtigste Lieferant von Bahn- und Straßenschotter in Südbayern. Das Hartgestein wurde unter dem Handelsnamen Glaukoquarzit vermarktet. Nachdem das umliegende Murnauer Moos bereits 1980 zum Naturschutzgebiet erklärt worden war und 1994 jede Erschließung neuer Abbaufelder endgültig gerichtlich scheiterte, wurde die Produktion nach 70 Jahren, im Jahr 2000 eingestellt.

Nach Schließung des Betriebs gab es Forderungen, Teilstücke der Seilbahn und den 1953 erbauten, 300 Plätze fassenden Speisesaal des Werks als Industriedenkmäler zu erhalten, beides wurde aber nicht realisiert und der Rückbau sollte komplett umgesetzt werden.

Aufgrund einer Population nistender Fledermäuse, die in der ehemaligen Kantine gesehen wurden, musste der Abriss der Kantine aus Naturschutzgründen gestoppt werden. In dem übriggebliebenen (einsturzgefährdeten) Vorderteil brüten seither im Sommer rund 200 Bartfledermäuse. Sie ernähren sich ausschließlich von Insekten.

Altes Hartsteinwerk Werdenfels (Fotos: Knut Kuckel)

Die Kerngebiete des Moors wurden durch Schließen von Gräben renaturiert. Sie sind nun sich selbst überlassen. Die Streuwiesen werden durch extensive Nutzung vor Verbuschung bewahrt, um ihren Artenreichtum zu erhalten.

Das Murnauer Moos war von 1992 bis 2003 Ort eines der größten Naturschutzprojekte der Bundesrepublik Deutschland. Unter der Leitung des Landratsamtes Garmisch-Partenkirchen wurden in zwölf Jahren etwa 15 Millionen Euro investiert, um Flächen anzukaufen, die Voraussetzungen für eine naturnahe Entwicklung oder extensive Nutzung wiederherzustellen und Pflegemaßnahmen durchzuführen.

Die Finanzierung stammte zu 75 % von der Bundesrepublik Deutschland über das Bundesamt für Naturschutz, nachdem das Murnauer Moos als Naturraum von gesamtstaatlicher Bedeutung eingestuft worden war.

Nicht geheilt werden konnten die schweren Beeinträchtigungen des Wasserhaushaltes durch den Bau der Autobahn A95 in den 70er Jahren und der anschließenden Entwässerungen durch die Flurbereinigung.

Für den Naturschutz kommt es darauf an, in diesem Gebiet die richtige Balance zwischen extensiver Nutzung und Offenhaltung auf der einen Seite und natürlicher unbeeinflusster Entwicklung auf der anderen Seite zu finden.

Quellen:

Das Murnauer Moos (Fotos: Knut Kuckel)

Ich engagiere mich für Medienvielfalt und Qualität im Journalismus. Als Radiojournalist und Grenzgänger bin ich immer auch gerne Europäer. Mehr unter → Persönliches