„400 Jahre Salzgeschichte Chiemgau“ – Jubiläumsauftakt mit historischem Samerzug war im Holzknechtmuseum in Ruhpolding. Das Salz und die Holzwirtschaft prägen den Chiemgau. Heute wie damals.
Die älteste “Pipeline” der Welt wurde vor 400 Jahren gebaut. Sie transportierte Salz und machte die früheren Salzfuhrleute, überflüssig. Die treibenden Kräfte waren zu jener Zeit sieben neu entwickelte Pumpwerke. So überwand “die erste Pipeline der Welt” einen Höhenunterschied von 250 Metern nach Traunstein. In der waldreichen Region gab es genügend Holz, um die Siedepfannen zu befeuern.
Am Freitag, dem 9. August 2019 trafen sich alle Beteiligten zum Jubiläumsauftakt bei den Ruhpoldingern Holzknechten in der Schneckenbach Stub’n. Die Stube wurde im Jahr 1879 erbaut und stand ursprünglich im Rachelgraben, bei Reit im Winkel.
Am Holzofen wurde ein echtes „Holzknecht-Muas“ zubereitet. Ein einfaches und schnell zubereitetes Pfannengericht. Zwei Urgesteine des Vinzenzi-Vereins zeigten, wie man das kocht. Georg Bichler, der aktuelle Vorstandsvorsitzende des Holzknechtvereins und Josef Egger – mehr als 46 Jahre aktiv für seinen Verein – standen am Herd und waren mit der Zubereitung des Pfannengerichtes beschäftigt.
Sprachkundige sind sich uneins. Heißt es „Mues“ oder „Muas“? Dazu war auf alle Nachfragen hin, keine verlässliche Auskunft zu bekommen. Auch nicht von den beiden leibhaftigen Urgesteinen der Holzknechte. Deshalb behaupten wir – bis uns jemand vom Gegenteil überzeugt – in der oberbayerischen Sprache darf es so oder so geschrieben werden. Für die Holzknechte im Chiemgau war das „Muas“ jedenfalls eine Kraftnahrung. Die brauchten sie, um in den Bergwäldern ihre Schwerstarbeit zu verrichten.
„Es war das traditionelle Essen der Holzknechte“, sagt Georg Bichler, der Vorstand des legendären Ruhpoldinger Holzknechtvereins. Und alles musste damals schnell gehn. „In einer Stunde war die Sache erledigt. Dann ging es wieder in den Wald.“
Der “Muas” war eine einfache Mahlzeit. Hauptbestandteile waren Wasser, Butterschmalz, Weizenmehl und Salz. Das musste reichen. Dreimal täglich gab es den „Holzknechtmuas“. Tagein, tagaus. Jahr für Jahr.
Für die hart arbeitenden Waldarbeiter musste das genügen. Zwischendurch gab es mal was extra.
Der Holzknechtverein feierte erst im Frühjahr sein 400jähriges Jubiläum. Die Salzgeschichte der Region ist ohne die Leistung der Waldarbeiter kaum vorstellbar. Sie schlugen das Holz, das für die Saline in Traunstein und andernorts gebraucht wurde.
Mit von der Partie waren auch Mitglieder vom Theaterverein Siegsdorf, die zur Eröffnung des historischen Samerzuges mit dem Stück „Aufruhr der Salzfuhrleute“ sozialkritischen Einblick in die Geschichte der Samer vor 400 Jahren gewährten. Das Bühnenstück schrieb Sepp Knott, Maria Mader war für das Arrangement verantwortlich. Dem begeisterten Publikum wurde mit dem Stück und die Vergangenheit auf in die Heute-Zeit übersetzt. Informativ und unterhaltsam.
Der Autor des Stück war unter den Gästen in der Schneckenbach Stub’n. Bei Führungen erzählt Josef Knott als „Salzmaier“ Geschichten über das Leben und die Arbeit in der Saline Traunstein. Seine Geschichten spielen in der Zeit um das Jahr 1800. Für die Stadt und die Menschen war das Salz in dieser Zeit das “weiße Gold”. Aus ihrer Sicht von unschätzbarer Bedeutung. Der “Salzmeier” und die Samer lassen die Salzgeschichte des Chiemgaus wieder aufleben.
Wer weiß denn noch heute, was die Samer so alles zu tun hatten? Früher hieß das Verfrachten von Lasten „Säumen“. Die Samer (Säumer) transportierten auf ihren Pferden neben anderen Gütern auch das Salz der Saline in Reichenhall in den Chiemgau. Ab 1619 übernahm diese Aufgabe die Soleleitung von Reichenhall nach Traunstein.
Die Gemeinden Ruhpolding, Inzell, Siegsdorf und die Kreisstadt Traunstein waren Veranstalter des Samerzuges.
Nach dem Festakt mit Bühnenstück machten sich die Samer auf den Weg. Insgesamt elf Salzfuhrleute wanderten mit ihren sieben bepackten Saumrössern über Inzell und Siegsdorf in die einstige Salinenstadt Traunstein. Der Samerzug wurde von Michi Sattelberger geführt, der von seinem Bruder, Hans Sattelberger, vor kurzem die Leitung des Zuges übernommen hat.
Das “weiße Gold” prägte über viele Jahrhunderte hinweg die Kulturgeschichte Südostbayerns. Das Lebens-, Würz- und Konservierungsmittel war unverzichtbar und wurde teuer gehandelt.
Neben den Pferdegespannen der Samer und dem Festwagen zum Deichelbau, treten Gruppen von Holzknechten und Eisenarbeitern, die Schäffler sowie die Nicolaibruderschaft aus Wasserburg bei den Feierlichkeiten auf.
Weblinks:
400 Jahre Salzgeschichte im Chiemgau mit historischem Samerzug (Fotos: Knut Kuckel)