400 Jahre Holzknechtverein (Foto: Knut Kuckel)
(Foto: Knut Kuckel)

400 Jahre Holzknechtverein – “I werd a Holzknecht!”

Bis weit in das 19. Jahrhundert hinein hat Holz das Leben der Menschen geprägt. Es war Brennstoff, Werkstoff, Baustoff. Häuser, Schiffe, Wägen, Geschirr, Besteck, sogar Werkzeug, alles war aus Holz.

Im Chiemgau war der Bedarf an Holz besonders groß, weil für die Eisenverhüttung und die Salzgewinnung riesige Mengen gebraucht wurden. Es bildete sich ein eigener Berufsstand heraus: die Holzknechte.

Zum Jubiläum „400 Jahre Holzknechtverein Ruhpolding“ auf dem Gelände des Holzknechtmuseums und dem Forstlichen Bildungszentrum, der ehemaligen Waldarbeiterschule. Viele Hunderte Besucher verfolgten die Vorführungen über die gefährliche Arbeit der einstigen Holzknechte und heutigen Forstwirte – damals bis heute.

(Fotos: Karl Schauderna)

Der Holztransport mit Pferden und Pferdegespannen oder Seilwinde wurde gezeigt, Maschinen für die Holzernte waren ausgestellt, dazu kam ein Erlebnisprogramm für die ganze Familie – mit Kutschfahrten, Wesägen und mehr. Zeitgleich veranstaltete das nahe Forstliche Bildungszentrum in der Laubau einen „Tag der offenen Tür“ mit Führungen und Vorträgen. Auch Baumfällungen mit schweren Geräten unter größten Sicherheitsvorkehrungen wurden vorgeführt.

Das Jahr 1619 wird als das Gründungsjahr des Holzknechtvereins Ruhpolding angenommen. Schwere Zeiten waren das damals. Der „Dreißigjährige Krieg“ wütete, es herrschten Hunger, Not und Elend.

Mit der Gründung der Saline in Traunstein wurde das Forstamt Ruhpolding 1619 in das Salinenwaldmeisteramt Traunstein umgewandelt. Damit sollte die Holzversorgung der Saline Traunstein, die sehr viel Holz benötigte, sichergestellt werden. Da jeder wusste, wie gefährlich die Arbeit im Wald war und es noch keinerlei Sozialversicherung gab, schlossen sich die Holzknechte in einem Verein zusammen, der sie und ihre Familien bei Arbeitsunfähigkeit oder im Todesfall unterstützte. Als Schutzpatron wählten sie den heiligen Vinzenz von Saragosse, um 270 nach Christus geboren, der wegen seines Martyriums als besonders standhaft und leidensfähig angesehen wurde. Der Verein hieß deshalb lange Vinzenziverein. Im Volksmund heißt er auch heute noch so.

Beim Jubiläums-Gottesdienst weihte Pfarrer Oo Stangl eine neue, große Kerze, die künftig immer am Vinzenzitag und anderen feierlichen Anlässen mitgetragen und brennen soll. Im zweiten Stock des Holzknechtmuseums wurde zeitgleich zu einem Festakt mit zahlreichen Ehrengästen die neue Wanderausstellung der Bayerischen Staatsforsten „Wertewald – wie schaffen wir den Zukunftswald?“ eröffnet.

(Fotos: Knut Kuckel)

In seiner Festrede erklärte der Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Staatsforsten, Martin Neumeyer, bei allen Veränderungen des Berufsbildes vom Holzknecht zum Forstwirt gebe es wichtige Konstanten: „Es war und ist ein anspruchsvoller, abwechslungsreicher und schwerer Beruf, der auch gefährlich sein kann.“

Obwohl die klassische Holzernte immer noch eine wichtige Rolle spiele, sei das Aufgabenspektrum heute breiter gefächert. Die Pflege des Waldes stehe im Vordergrund. Das sei gerade in den Zeiten des Klimawandels für alle spür- und erlebbar. Ob Waldschutz, Borkenkäfervorsorge oder Pflanzung, Sicherung und Pflege intakter Schutzwälder – die Forstwirte würden als nicht zu ersetzende Fachkräfte bei den Bayerischen Staatsforsten immer gebraucht, versicherte der Vorstandsvorsitzende. Schon 2016 startete eine groß angelegte Ausbildungsoffensive, sodass heute bayernweit an 22 spezialisierten Ausbildungsforstbetrieben der Bayerischen Staatsforsten weit über 50 Auszubildende pro Jahr den Beruf des Forstwirts erlernen können, so Neumeyer.

Auch in Ruhpolding werden pro Jahr für die drei Hochgebirgsbetriebe Ruhpolding, Schliersee und Berchtesgaden Forstwirte ausgebildet.

Er stamme selbst aus einer Holzknechtfamilie, erklärte Ruhpoldings Bürgermeister Claus Pichler. „Die ersten Bewohner von Ruhpolding müssen Holzknechte gewesen sein – denn ohne umfangreiche Rodungsarbeiten häen sie dieses Tal niemals bewohnen können“, sagte Pichler. Schon als kleiner Bub habe er gelernt, dass man vor dem Forstmeister immer den Hut ziehen muss, weil er neben Pfarrer und Lehrer der wichtigste Mann im Dorf ist.

So wird immer noch erzählt, dass der frühere Pfarrer Peter Bergmaier in der Schule bei der Behandlung der Pflichten gegenüber Vorgesetzten einmal die Frage gestellt haben soll: »Was wollt ihr denn werden?«. Von den 32 Buben haben dann 27 geantwortet: »I werd‘ a Holzknecht«. 

Der Holzknechtberuf war also seinerzeit das erstrebenswerte Ziel der Jugend Im Chiemgau. 

Die Hacke war das meistbenutzte Werkzeug bei der Holzbringung. Mit kräftigem Schwung wurde ihre Spitze in das liegende Holz eingeschlagen, damit es angehoben, gezogen oder gewendet werden konnte. „An dieser Station kann man körperlich erfahren, wie anstrengend diese Arbeit war“, sagt Museumsleiterin Dr. Ingeborg Schmid beim Rundgang durch die Ausstellung im Holzknecht Museum. „Die Holzknechte haben von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang gearbeitet, oft 16 Stunden lang und die schweren Stämme nur mit dem Sapi bewegt.“

Als vor rund 200 Jahren die Säge eingeführt wurde, revolutionierte das die Waldarbeit. Die Ausbeute stieg drastisch an, weil nicht mehr so viel Holz in die Späne fiel, was vor allem den Auftraggebern höhere Gewinne brachte. Die Holzknechte allerdings wehrten sich zunächst beharrlich. Weil die Sägen von schlechter Qualität waren und die Arbeit entsprechend schmerzhaft für Rücken und Hände war. Erst gegen eine Orgelspende für die Ruhpoldinger Kirche waren die Männer bereit, die Sägen zu gebrauchen.

Aktiv werden können die Besucher auch beim Bau einer Holzrutsche, der Loite. Über sie konnten früher die schweren Stämme schnell und sicher abtransportiert werden. Oder beim Arbeitseinsatz am Joystick einer modernen Holzerntemaschine, dem Harvester. Unter den Originalobjekten und Sammlerschätzen befindet sich sogar ein aufwändig restaurierter Bergkuli. Das ist eine selbstfahrende Seilwinde, die seit den frühen 1950er Jahren im Einsatz war. Auch die Rolle der Frauen wird beleuchtet. Sie versorgten die Männer mit Kleidung und Nahrung für die Arbeitswoche im Wald und verdienten sich als „Pflanzweibe“ bei der Nachzucht von Jungbäumen ein Zubrot.

Das Holzknechtmuseum Ruhpolding wurde 1988 eröffnet. Das Spezialmuseum widmet sich dem Leben und Arbeiten der Holzknechte (Waldarbeiter, Forstwirte) im ehemaligen Salinengebiet Traunstein.

Das anschließende Freigelände zeigt abwechslungsreich aufbereitet Holzknechthütten, Inszenierungen zur Holzarbeit und interaktive Stationen.

Multimedial und interaktiv – Das Holzknechtmuseum Ruhpolding

Weblink: Holzknechtmuseum Ruhpolding

400 Jahre Holzknechtverein (Fotos: Knut Kuckel)

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