Zugspitzpanorama - 200 Jahre Geschichten um die Zugspitze (Foto: DAV)
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200 Jahre Zugspitze – Erstbesteiger war ein Tiroler

Am 27. August 1820 erreichte der Vermessungsingenieur Josef Naus als Erster den Gipfel Deutschlands höchstem Berg. Er bestieg die Zugspitze im Auftrag des Königs von Bayern, um die Höhe des Berges zu vermessen. 

Josef Naus war ein bayrischer Offizier und Vermessungsingenieur. Seine Familie, die aus Belgien oder den Niederlanden stammte, wanderte bereits im 17. Jahrhundert nach Tirol aus.

Mit einer Gruppe von Offizieren und Gemeinen hatte Naus 1820 den Auftrag, die Werdenfels-Karte für den Topografischen Atlas von Bayern zu erstellen. Am 27. August 1820 gelang dabei Naus, seinem Gehilfen Maier und dem Bergführer Johann Georg Tauschl, die erste nachgewiesene Besteigung der Zugspitze.

Dem königlichen Auftrag zur Vermessung von Deutschlands höchstem Berg allerdings konnte er nicht mehr ganz nachkommen – ein heftiges Gewitter zwang den 27-Jährigen und seine Begleiter zum übereilten Abstieg. „Nach fünf Minuten werden wir schon von einem Donnerwetter, mit Schauer und Schneegestöber begleitet, begrüßt und mussten unter größten Gefahren die Höhe verlassen“, zitierte der einheimische Grenzpolizist Franz Pritzl als Autor 1970 im Magazin „Bergsteiger“ aus Naus’ Tagebuch.

Die Route von Josef Naus führte einst über das Höllental auf die Zugspitze. Kürzer, direkter und mindestens so erlebnisreich wie von der bayerischen Seite führen zwei Routen von der Tiroler Zugspitz Arena auf den Fastdreitausender: Die Bergtour von Ehrwald über das „Gatterl“ und die Knorrhütte bietet einen sechs- bis achtstündigen Aufstieg ohne Kletterpassagen. Wer etwas ambitionierter ist und bereits ausreichende Klettererfahrung hat, wählt die fünfstündige Tour über die Wiener Neustädter Hütte und den Klettersteig „Stopselzieher“. 

Josef Naus 1824 (Zeichnung: H. v. Aggenstein)
Josef Naus 1824 (Zeichnung: H. v. Aggenstein)

Josef Naus wurde am 29. August 1793 in Reutte als Sohn eines Landgerichts-Aktuars geboren und widmete sich nach der Schule dem Studium der Vermessung. Als im Jahr 1806 Bayern als Königreich ausgerufen wurde, gab es für den damaligen König Maximilian I. noch die zentrale Frage zu klären, wo eigentlich die höchste Erhebung seine Landes liegt. So erteilte er den Auftrag zur Vermessung des Werdenfelser Landes an sein “Topographisches Bureau”, wo Naus zu diesem Zeitpunkt beschäftigt war und an dem „topografischen Atlas von Bayern 1:50.000“ arbeitete. 

200 Jahre nach der Erstbesteigung ist von der Einsamkeit des Berges kaum etwas übrig. Oben gibt es eine Forschungsstation, eine Wetterwarte, Gastronomie, Skilifte, eine Kapelle. Rund 600.000 Gäste besuchen in normalen Jahren per Seilbahn den Berg.

Brauchte Josef Naus damals von dem „Flohhüttchen“ der Hirten – heute Reintalangerhütte – acht Stunden bis zum Gipfel, so bringt die neue Seilbahn mit den bis zum Boden verglasten Kabinen Gäste heute in zehn Minuten vom Eibsee 2000 Höhenmeter hinauf zum Gipfel. Neben der neuen Seilbahn gibt es die historische Zahnradbahn und die Seilbahn auf der österreichischen Seite.

Eibsee – Bayerns gestresste Perle am Fuße der Zugspitze

Bergsport liegt im Trend

Tausende versuchen trotzdem den Anstieg zu Fuß. Der Gipfelsturm aus eigener Kraft erlebe mit dem Bergsport einen Boom, berichten Bergführer. Entsprechend oft muss die Bergwacht ausrücken – viele haben weder die Erfahrung noch die Kondition für die wenngleich gut erschlossene Tour über Fels und restliches Gletschereis.

„Da kimmt ma ned nauf!“, glaubten Einheimische bis ins 19. Jahrhundert. Der riesige Felszacken schien unbezwingbar. Bis heute gibt es unerschlossene Routen.

200 Jahre Zugspitzgipfel. Jubiläum in Garmisch-Partenkirchen. (Foto: Knut Kuckel)
200 Jahre Zugspitzgipfel. Jubiläum in Garmisch-Partenkirchen. (Foto: Knut Kuckel)

1851 wurde auf dem Westgipfel ein Kreuz angebracht. Danach wurde die Zugspitze immer populärer. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war sie schon 1.600 Mal bestiegen worden. Heute geht es dort mitunter zu wie im Taubenschlag. Mit Seil- und Zahnradbahnen werden jedes Jahr mehr als eine halbe Million Menschen auf den Gipfel befördert.

Zugspitze via Höllental. Foto: DAV/Hans Herbig
Zugspitze via Höllental. Foto: DAV/Hans Herbig

Der Spagat zwischen Erschließung und Umweltschutz begleitet den Bergtourismus seit seinen Anfängen. Schon der Bau des – heute oft auf viele Wochen ausgebuchten – Münchner Hauses auf der Zugspitze ab 1894 war heftig umstritten. 1925 protestierten rund 4000 Menschen gegen den Bau der Zahnradbahn und die damit aus ihrer Sicht einhergehende Industrialisierung der bayerischen Berge. Die Bahn wurde ein Erfolgsprojekt, 20 Millionen Gäste nutzen sie.

Die Zugspitze ist der höchste Berg in Deutschland. Ihr Gipfel wird – weltweit einzigartig – von drei Bergbahnen erschlossen. Entsprechend voll ist es dort oben an nahezu 365 Tagen im Jahr. Unweit vom höchsten Punkt können Bergsteigerinnen und Bergsteiger aber auch Einsamkeit in schwierigen Routen erleben. Kaum irgendwo sonst in den Alpen liegen intensiv genutzte Flächen und wildes Hochgebirge so nahe beieinander. Und kaum irgendwo sonst ist alpine Erschließungsgeschichte so präsent. Kein Zweifel: An der Zugspitze sind touristische und alpinistische Entwicklungen, die sich in den gesamten Alpen abspielen, wie unter einem Brennglas sichtbar. Die Faszination des höchsten deutschen Berges ist nach wie vor ungebrochen.

Weblinks:

200 Jahre Zugspitze – Erstbesteiger war ein Tiroler (Fotos: DAV-Archiv)

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