"Üblicherweise werden Maibäume meist bei Sonnenschein und wolkenlosem, blauem Himmel fotografiert. " (Foto: Knut Kuckel)
"Üblicherweise werden Maibäume meist bei Sonnenschein und wolkenlosem, blauem Himmel fotografiert. " (Foto: Knut Kuckel)

Angekommen in Mittenwald – Schneeregen bei Minusgraden

Schneeregen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. In Bayern sagt man dazu „Sauwetter“. Was so derb klingt, fühlt sich genauso an. Meine Bayerntour startet in Tirol. Über die Grenze bei Scharnitz fahre ich nach Mittenwald.

Erst gönne ich mir im Gasthof Stern etwas „Warmes fürs Herzerl und Baucherl“. So wirbt die Marktrösterei von Mario Weber in Sauerlach (Landkreis München) für ihren Kaffee auf der Speisekarte des Gasthofes. Die Gaststube ist wohlig warm, die Begrüßung wie immer sehr herzlich.

Tageskarte, Gasthof Stern, Mittenwald. Foto: Knut Kuckel

„Sind das schon wieder drei Monate her, seit wir uns zuletzt gesehen haben?“, fragt die immer freundliche Wirtshauskellnerin und erinnert sich. „Vor Weihnachten warst Du hier. Kann das sein?“ Ich nicke zustimmend und denke, „wie doch die Zeit vergeht?“ Nutzen wir sie.

Nebenan singt ein gemischter Chor „Happy Birthday“ auf boarisch. Zur Belohnung wird ihnen ein Selberbrennter serviert (ich lerne, das ist ein Hausbrand). Irgendwer aus Mittenwald lässt sich von ihm nahestehenden Menschen feiern. Er nimmt Gratulationen entgegen. „Ois Guade zu Deim Geburdstog!“ Ein freundliches Schmunzeln geht durch die Reihen. Man nickt sich zu und ist in Gedanken nebenan, beim Geburtstagskind. Das hat sowas von „Dahoam ist dahoam“.

Tourauftakt in Mittenwald. (Foto: Knut Kuckel)

Am Nachbartisch fragt man sich, was wohl „Tellerfleisch“ auf französisch heißt. Später gehts um den Apfelstrudel mit Vanilleeis. Die freundliche Kellnerin ist geübt im Umgang mit Fremdsprachen. Sie sagt erst einmal „Bonjour!“ und ist damit fürs Erste auf der sicheren Seite.  Ich habe acht Jahre lang in Belgien gelebt, aber kann mich nicht erinnern, jemals im französischprachigen Teil des Landes „Tellerfleisch“ serviert bekommen zu haben? Deshalb und aus persönlicher Wissbegierde google ich das mal auf meinem Smartphone und erfahre von Langenscheidt: „es gibt keine direkte Übersetzung“, aber mit „viande de bœuf bouillie“ macht man sich sicherlich erfolgreich verständlich.

So klingt das dann auch von nebenan und „le strudel aux pommes“ klingt schon eher nach „Apfelstrudel“. Dazu gönnt man sich eine „sauce à la vanille“.

Gut das es für solche Situationen das Internet im Taschenformat gibt. Gut auch, dass es im Gasthof Stern funktioniert. Niemand dort hat etwas dagegen, dass ich mir einen kleinen Arbeitsplatz einrichte. Wir tauschen uns aus, ich erkläre kurz, was es mit meiner Bayerntour auf sich hat. Mir wird auch eine gute Unterkunft empfohlen. Die suche ich dann später auf.

Radler aus der Brauerei Mittenwald (Foto: Knut Kuckel)

Zwischendurch schaue ich in die Karte und zum ersten Radler aus der Brauerei Mittenwald schreibe ich in mein Bayerntour-Tagebuch ein paar Stichworte auf. Davon mache ich ein Foto (man weiß ja nie…) und stelle erst später fest, dass der Wochentag zwar richtig war, nur das Datum schon einen Tag weiter. Das fängt ja gut an…

Ich schreibe weiter in meinem Tagebuch auf, dass ich kurz zuvor in Seefeld wetterresistenten Skilangläufern begegnet bin. Das hat mich beeindruckt. Echte Sportlerinnen und Sportler sind diszipliniert und trainieren bei Wind und Wetter. Sie müssen die Zeit nutzen, die ihnen noch für ihren schönen Sport bleibt. Der Schnee unter meinen Füßen sah schon recht wässrig aus.

Skisportler bei Scharnitz, Foto: Knut Kuckel

In Scharnitz klart das Wetter kurz auf und ich fahre hoffnungsvoll weiter. „Was mache ich, wenn es so nass bleibt?“ denke ich und dabei fällt mir ein, dass ich für Kamera und Objektive gar keinen Wetterschutz eingepackt habe. Das fängt gut an. Aber aller Anfang ist bekanntlich schwer.

Mittenwald - Geigenbauerort. (Foto: Knut Kuckel)

Das Wetter verschlechterte sich. Aber was sein muss, muss sein. Deshalb verneige ich mich erst einmal respektvoll vor der Bronzestatue des Mittenwalder Geigenbau-Pioniers Mathias Klotz.

Die steht vor der Pfarrkirche Sankt Peter und Paul. Der Kirche statte ich gleich auch noch einen Besuch ab. Eine Besuchergruppe tat sich schwer damit, die Decken-Fresken (von Joseph Schmutzer) zu erkennen. Niemand rechnet wohl in der Pfarrgemeinde bei solchen Wetterverhältnissen damit, dass sich viele Besucher einfinden. Deshalb spart man am Licht. Schade.

Maibaum in Mittenwald am Obermarkt. (Foto: Knut Kuckel)

Am Obermarkt bestaune ich noch den Maibaum. Dem steht der Hochnebel und das feuchte Wetter sehr gut, finde ich. Üblicherweise werden Maibäume meist bei Sonnenschein und wolkenlosem, blauem Himmel fotografiert. Eine Radlerin unterbricht ihre Weiterfahrt und wartet höflich, bis ich den Laden der Kräuterfee fotografiert habe. Ich bedanke mich, schaue noch mal auf den Kirchturm von Sankt Peter und Paul und beschließe, morgen weiter zu machen.

Die Lichtverhältnisse sind nicht die allerbesten und die Wetterprognose verheißt für den nächsten Tagen Besserung. Schaun mer mal…

Mittenwald – Heimat der Geigenbauer und Maskenschnitzer

Ich schreibe über Begegnungen aus dem Nahbereich. Von Hause aus Rundfunkjournalist, bin ich als Grenzgänger der Regionen gerne auch Europäer.

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